Bad Salzuflen

Kanutour des Nutz und Kampfteckelclubs 2005
Die Kanutour 2005 - 19 Kilometer Stromschnellen, Wehre und Katarakte...

Die Lippe von Sande bis Mantinghausen: 19 Kilometer, 6 Stunden im Boot.
Für die Kampfteckeljünger und mich, die wir sonst eher motorisiert unterwegs sind, ist es eine große Kanu-Wanderfahrt. Gut gelaunt gelangten wir nach einem ausgiebigen Frühschoppen mit dem Bus nach Paderborn-Sande zur Kanu-Einsatzstelle am Lippesee. Dort erwartete uns wieder die inzwischen hinlänglich bekannte Einweisung von dem wieder einmal unglaublich motivierten, freundlichen Mitarbeiter von Rio Negro (warum bloß, denn wir sind doch schon ?erfahrene? Paddler?) mit den gut gemeinten Ratschlägen wie ?Alkoholist an Bord verboten?, ?Wenn du kenterst, fällst du ins Wasser? usw? Kurzerhand wurde sofort ein Großteil des vorhandenen Alkohols oral vernichtet, was leider bereits um diese frühe Stunde zu ersten Ausfallerscheinungen führen sollte. Aber irgendwie fand doch die eine oder andere Flasche Bier, Alster sowie Maikäferflugbenzin den Weg in die Kanus, die wir nun zu Wasser lassen sollten, welches ca. 200 Meter von uns entfernt war. Nun hieß es also ziehen! Mein Gott, sind diese Dinger schwer, so was kann eigentlich aufgrund des Eigengewichts doch gar nicht mehr schwimmen, oder? Nachdem wir völlig erschöpft am Ufer angelangt waren, ging es ans Besteigen der Boote, hier für Interessierte noch einmal die verschiedenen Teams, die an den Start gingen:
- Team 1, unser Familienboot, welches den Kenter- Rekord für die gewählte Strecke eindeutig toppen wird: Hotti, Carol und JeanLuc
- Team 2, der ?Verdränger?, welcher erst unterwegs durch eine neue Gewichtsverteilung zum Gleiter umfunktioniert werden sollte: Tinchen und Utze
- Team 3, das ?Partyboot 1?, unbeteiligte Zuschauer kamen sich hier vor wie Voyeure am Ballermann: Schulle und Strahlefriedel
- Team 4, oder auch ?Partyboot 2?, Addi und FH, welcher bereits vor Tourbeginn für einen ausreichenden Stand an Frostschutzmittel auf seiner Maschine gesorgt hatte
- Team 5, Das Boot mit dem Beinamen ?DU machst GAR nichts!?, Eppi und Elala, wer kann mir denn mal den Beinamenerklären?!!?!??
- Team 6, das "Boonekamp-Promotionteam" mit einer äußerst funktionalen Kopfbedeckung, Ralf und Stollo, welcher seinen Titel als Kenterkönig 2005 dieses jahr nicht ganz verteidigen konnte
- Team 7, das ?Team (Semi)Professional?, Mike und Rena, welche durch ihräusserst eng anliegendes Neopren-Ganzkörperkondom viele weitere weibliche Teilnehmer ausstechen konnte
- Team 8, Putti und FTB, die Paddelkönige 2004, wobei der Autor dieses Jahr aufgrund eines unfreiwilligen Spagats (?diese Schmerzen!) leider nur zu 50% trocken bleiben konnte

Nachdem die Boote endlich alle beladen im Wasser lagen, bemerkten wir, das wir bei einem gefühlten Gegenwind von mindestens 10 ? 11 Beaufort (Die Beaufortskala (nach Sir. F. Beaufort) wurde im Jahre 1806 eingeführt und ist die bekannte Skala für die Windstärke. Sie stellt die Windstärken in Bezug zu typischen Auswirkungen auf dem Land und auf dem Meer ) nur mit Hilfe unserer Muskelkraft und den kleinen, ovalen Brettchen, im Fachjargon auch ?Paddel? genannt, ohne jegliche Unterstützung einer natürlichen Strömung den halben Lippesee überqueren mussten, naja, es können auch lediglich 200 Meter gewesen sein. In jedem Fall reichte die Entfernung, um über den Sinn oder Unsinn, 19 Kilometer PADDELN zu wollen, nochmals nachzudenken, gleichfalls konnten äußerst wichtige Manöver, wie im Kreis paddeln, rückwärts fahren, feindliche Boote rammen?, ausreichend trainiert werden.
Nachdem dieses erste anstrengende Teilstück überwunden war, hatten wir von dem Rio Negro Menschen die Anweisung, ?hebt die Boote einfach mal raus, tragt oder zieht oder schiebt sie ein paar Meter und setzt sie dann in den Flusslauf der Lippe wieder ein?? erhalten und versuchten sie nun in die Tat umzusetzen.
Verflixt,wie kippelig, aber der Ausstieg hat schon mal unter äußerster Vorsicht geklappt, aber was nun? Tragen? Geht ja gar nicht, also ziehen und schieben, so ähnlich müssen sich auch die Sklaven gefühlt haben, welche die Steinquader zum Bau der ägyptischen Pyramiden heranbringen mussten, wie war da bloß die Ausfallrate oder nennen wir es besser die Darwin´sche Auslese? Naja, wir haben ja nun schon wiederholt die Grenzen der Leistungsfähigkeit erreicht und so haben wir auch diese kleine Hürde auf dem Weg zu einem entspannten Dahingleiten auf dem schönen Flüsschen Lippe gemeistert.
Apropos, ?FLUSS???? Der Einstieg gestaltete sich eher als eine flache Furt, welche bereits im Mittelalter zum Durchqueren des Flusslaufes mittels Planwagen gedient hatte, nur das im Laufe der Jahrhunderte die ohnehin schon flache Stelle durch das Einschwemmen von Treibsand sowie äußerst morastigen Stellen nur nochdie sprichwörtliche ?Handbreit Wasser unter dem Kiel? soeben gegeben war, was bei den Teilnehmern zu verschiedenen Reaktionen wie Gelächter, aber auch diversen ?dicken Hälsen? führte. Die beste Idee hatte unser Utze, welcher versuchte, durch einen gewagten Körpereinsatz außerbords seinen Verdrängerwieder flott zu bekommen. Allerdings verhinderte anfangs der morastige Untergrund ein schnelles Flottbekommen, was bei den übrigen Teilnehmern für eine erste Pause sorgte, in welcher den mitgebrachten Getränken zugesprochen werden konnte, nochmals vielen Dank, Utze!
Aber nun, endlich unterstützt von flotter Strömung geht es schnell voran, wir schippern durch etliche kleine Schwälle und Walddurchfahrten. An der ersten größeren Stromzunge fahren wir ins Kehrwasser und testen die Rodeo-Eigenschaften unserer Frachtschiffe. Aber was ist das? Bereits bei km 2.3 musste unser Familienboot Bekanntschaft mit der Wassertemperatur machen und so dreht die Besatzung kurzerhand den Bootskiel mal in Tageslicht, was nicht das letzte Mal gewesen sein sollte? Naja, was solls, Schadenfreude hat ja auch was, und so begossen die übrigen Teilnehmer die unfreiwillige Paddeltaufe der Familie Kuhlmann mit einem kleinen Mümmelmann, welcher wohl bei der Alkoholkontrolle am Start übersehen wurde?
Leider mussten wir unsere Fahrt bald fortsetzen, da wir noch vor Einbruch der Dunkelheit in Mantighausen ankommen wollen. Wie war das, ANKOMMEN? Leider musste auch unser Verdränger mal die Wasserqualitättesten, wobei leider der Flußlaufplan mit den wichtigen Wegpunkten verloren ging. Nur dem selbstlosen Einsatz von Strahlefriedel, welcher mit einem beherzten Sprung in die eiskalten Fluten der Lippe das Kartenmaterial rettete, ist es zu verdanken, das wir nicht heute noch auf der Lippe oder dem Rhein ziellos herumirren.
Bis zur geplanten Mittagspause in Boke überwinden wir insgesamt 5 solcher ?Stromschnellen?, wobei auch unsere diesjährigen Kenterkönige gekürt werden.
Ungeschlagen auf Platz 1 hält sich die Familie Kuhlmann, welche sich ingesamt 4 der 5 Stromschnellen aus nächster Nähe anschauen musste, dichtgefolgt von Utze und Tinchen auf Platz 2, welche aber nach dem 3. Tauchgang durch eine gewagte Gewichtsverlagerung ihren etwas teif liegenden, kippeligen Untersatz etwas stablisieren konnten. Nun wird uns langsam klar, auf welch schwieriges Unterfangen wir uns da eingelassenhaben. Die Arme werden länger, und manche Teilnehmer beginnen Selbstgespräche zu führen. Immer wieder höre ich die beste Ehefrau von allen leise fluchen, auf die Lippe und den bösen Flachwassergott. Wir sind fast am Ende unserer Kräfte, und bis zur geplanten Pause in Boke sind es noch 6 Kilometer,welche gleichzeitig auch den Zenith der Paddel(tor)tour darstellen sollte. Aber alle Marterungen neigen sich mal dem Ende entgegen, die Strömung der Lippe trägt uns unserem Pausenziel, dem Ausstiegspunkt in Boke, entgegen, welcher schon in unserem Tourguide als ?etwas ungüstig in der Strömung gelegen? beschrieben wurde, was sich alsbald als reine Untertreibung entpuppen sollte?Wohl keiner kann die Schmerzen nachvollziehen, die der Autor bei seinem unfreiwilligen Spagat zwischen rettendem Ufer und dem Einbaum, was andere Menschen Kanu nennen, erleiden musste, um die beste Ehefrau von allen an das trockene Ufer zu retten? Und nun machte auch der Autor endlich Gebrauch von der wohltuenden Kühle des Flusses, obwohl die Abkühlung, als die Körpermitte erreicht wurde, in einen leichten, ziehenden Schmerz verwandelt wurde. Naja, c´est la vie, oder wie die Dänen zu sagen pflegen, ratzrödele vak inde gehölzene, nun ist erstmal Pause angesagt, und der Autor durfte hübschen Frauen aus der Oberbekleidung helfen, danke Carol, damit hast du mir einen geheimen Traum erfüllt, aber sags bloß nicht Hotti, der ist mir etwas zu kräftig?
Äußerst erschöpft wandten wir uns den mitgebrachten Lunchpaketen zu, und siehe da, auch hier hatte der gestrenge Antialkoholiker bei der Check-In-Kontrolle die eine oder andere Flasche Maikäferflugbenzin übersehen, und auch ein Bierchen zur Aufmunterung der geschundenen Körper war noch da.
Nach einem erschrockenen Blick auf die Uhr wurde uns klar,das auch die schönste Pause einmal ihr Ende finden muß, wenn man noch bei Tageslicht das gesteckte Ziel erreichen will, und schließlich würde auch der Bus mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht ewig warten wollen, schließlich hatte der Busfahrer das Geld schon im Voraus erhalten, ein Umstand, über den wir bei weiteren Exkursionen dieser Art noch einmal nachdenken sollten.
Nun wird es etwas beschaulicher, der Fluss führt uns vorbei an kauenden Kühen, fischenden Graureihern und dümpelnden Enten, was dazu führte, das die Konzentration auf den Fluß nachließ und wiederholt den Getränken zugesprochen werden konnte, was sich allerdings früher oder später in äußerst sportlichen Einlagen mancher Teilnehmer wie 180° Rollen und diverser Kenterversuche rächen sollte. Am Wehr in Mantinghausen hatten wir bereits 15 Kilometer geschafft. Was soll denn dieses Schild: ?Wehr, Vorsicht, Lebensgefahr? bedeuten? Erfreut über die geöffneten Schotts paddeln Eppi und Ela gleich durch und bekommen eine Ladung lauwarmes Lippewasser ins Gesicht. Nach kurzer Surfeinlage in den großen Wellen hinter der Wehranlage können sie sich allerdings an das nahe Ufer retten. Alle anderen Teilnehmernehmen lieber die bereits zuvor beschriebenen Strapazen in Kauf und zerren unter Auferbietung ihrer letzten Kräfte die Boote über den Landweg auf die andere Seite des Wehres.
Wirklich alle? Nein, nach dem Durchzählen wurde uns klar, das wir wohl das Partyboot 1 mit Schulle und Friedel an Bordverloren hatten. Nach einer angemessenen Kulanzzeit von ca. 15 Minuten haben wir uns dann mit dem Verlust unserer beliebten Mitpaddler abgefunden und begingen einen kleinen Trauergottesdienst mittels den mitgebrachten Alkoholika, welche bei der?., naja, ihr wisst ja nun schon Bescheid. Aber wasgeschah nun? Ich weiß nicht mehr, wer die als erster die aufgeschreckten Enten oberhalb des Wehres bemerkte, welche voller Panik im Tiefflug sich dem Wehr näherten und erst in letzter Sekunde durch einen wagemutigen Turn gen Himmel das Weite suchten, aber sofort war uns allen klar, das die Ursachedieser Störung im Gleichgewicht der Natur nur durch ein sich näherndes Boot zu suchen war. Und richtig, unser vermisstes Partyboot 1 näherte sich mit 3 Bar auf dem Kessel der Wehrstufe, wobei besonders die Körperhaltung von Schulle ein Fleißbienchen wert ist: Rücklings im Boot liegend, mit dem Kopfvoraus, beide Beine über die Bordwände ins Wasser baumelnd und einem äußerst glücklichen Ausdruck im Gesicht ließ er sich von Friedel durch die gefährliche Wehrstufe chauffieren, was sich am beträchtlichen Rücklauf in einem mittelschweren Überschlag der Stufe 3 auf der nach oben offenen Kenterskalarächen sollte.
Nachdem die Heimkehr unserer vermissten Paddelfreunde in den Schoß des Vereins etwas gefeiert wurde, ging es weiter auf den 19 Kilometern unserer Kanu(Tor)tour.
Ab jetzt hieß es Zähne zusammenbeißen, denn die Sonne steht bereits tief und die Lippe fließt nun wesentlichbeschaulicher dahin als im oberen Teil. Lediglich diverse Kenterungen, welche aber alle ziemlich harmlos verlaufen, lockern die Fahrt auf.
Das 2. Wehr umgehen die meisten wiederum auf dem Landweg, denn bei bestimmten Wasserständen bildet sich ein beträchtlicher Rücklauf, den man mitWildwasserbooten allerdings auf der linken Seite überspringen kann. Eppi und Ela, welche mit ihrem Leben wohl offensichtlich abgeschlossen haben, ignorieren wiederum das Warnschild mit der Aufschrift ?Vorsicht, Lebensgefahr? und meistern auch diese Wehr äußerst bravourös. Ralf und Stollo allerdings merken bereits beim Beschleunigen, dass das Boot zu langsam ist, vermasseln den Absprung und plumpsen ins Unterwasser, wo sie sich überschlagen und von dem gewaltigen Kehrwasser des Wehres ordentlich durchgewaschen werden. Nach einigen Sekunden verliert die Walze zum Glück das Interesse an ihnen,sie werden freigelassen und können in aller Ruhe weiterschwimmen.
Äußerst beschaulich entpuppen sich die letzten 3 Kilometer der Strecke, bis auf die lippischen Mangroven, welche so ein Kanu ziemlich plötzlich stoppen können, gibt es von diesem Stück nichts wirklich Aufregendes zuberichten.
Naja, außer vielleicht, das wir wirklich am Ende unserer Kräfte sind und uns nur noch auf Notstrom weiterbewegen, wobei die zwischenmenschliche Kommunikation auf das nötigste beschränkt wurde, um Energien zu sparen.
Erschöpft aber glücklich kommen wir beim Ziel hinter Mantinghausen an.Einen Kilometer mehr und die beste Ehefrau von allen hätte in eine geschlossene Anstalt eingeliefert werden müssen. Ihre Zunge hängt weit aus dem Mund, auch mir fällt das Sprechen schwer. Wir sinken auf den feuchten Waldboden und ruhen uns erst einmal aus, bevor die Boote gereinigt werden müssen undwir uns im Bus eine Stunde ausruhen können. Mehrere Probanden benutzen die Fahrtzeit bis zur höchstgelegenen Skihütte in Lippe, um mit einem kleinen Nickerchen ihre mentale Stärke wenigstens ansatzweise zurück zu erlangen, die anderen versuchen, die restlichen Getränke für einen leichterenAbtransport vor zu bereiten und noch das eine oder andere Pilschen zu leeren. Ein besonders schönes Bild war unser Schulle, seelig schlafend mit der halbvollen Bierflasche in der Hand, das war schon eine gute Leistung!

Nun kam der gesellige Teil des Tages, bei einem gemütlichen Grillfest trafensich die Mitglieder des Nutz- und Kampfteckelclubs, um die überstandenen Gefahren der Paddeltour zu verarbeiten und festzustellen, das auch im nächsten Jahr unbedingt wieder eine Paddeltour stattfinden muss! Besonderer Erwähnung bedarf noch das kurze Stelldichein von Utze in Gestalt von MeeresgottNeptun, welcher sich die Ehre gab und allen Mitgliedern mit Hilfe einer kleinen Drachenblutkonserve den Status eines Lippischen Süßwassermatrosen verlieh. Dem einen oder anderen entgleisten bei dieser Ehre ein wenig die Gesichtszüge, wobei nicht zu beweisen war, ob es an Neptuns Zähnen oder eher anden 38% des Drachenblutes gelegen hatte. ()

Diesen Artikel versendenDiesen Artikel ausdrucken


eingetragen: 02.08.2005 - 08:45 Uhr