Oerlinghausen

50 Jahre deutsch-französischer Freundschaftsvertrag
Vorträge von Elmar Brok und Dirk Becker

(gs). Viele rationale Gründe sprechen für die deutsch-französische Zusammenarbeit. Dabei waren es eher Gefühle, die vor 50 Jahren zum Èlysée-Vertrag führten. Aus Anlass des Jubiläums hielt Elmar Brok (MdEP, CDU) einen Vortrag in Oerlinghausen. Darin warb er leidenschaftlich für die Freundschaft mit dem Nachbarland als Basis der europäischen Einigung. Dirk Becker (MdB, SPD) pflichtete ihm bei und setzte sich zugleich für eine Weiterentwicklung Europas ein. Beide sprachen auf Einladung der Stadt Oerlinghausen und der Sparkasse Lemgo.
Der Vertrag war das Werk ?zweier alter Herren mit langer Lebenserfahrung?, meinte Brok, langjähriger Abgeordneter des Europäischen Parlaments und dort Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses. Kurz nach dem Ende des zweiten Weltkriegs war das Verhältnis zwischen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer noch von großem Misstrauen erfüllt. Doch schon kurz nach seiner Amtsübernahme lud der französische Präsident den deutschen Bundeskanzler in sein Privathaus ein. ?In langen Gesprächen sind sie dann über die Kultur zueinander gekommen?, sagte Brok.
Der am 22. Januar 1963 geschlossene Vertrag überzeugte ?durch Einfachheit und seine Inhaltsleere?, formulierte er. Auf den acht Seiten wurden keine großen Worte gemacht, sondern Arbeitsabläufe festgelegt. Und so kommt es, dass sich die heutigen Regierungschefs alle sechs bis acht Wochen treffen und sämtliche Minister zwei Mal jährlich gemeinsam beraten. Es gibt Austauschprogramme für Beamte, zahllose Jugendbegegnungen und Tausende von Partnerschaften zwischen Städten und Schulen. Die Kontakte zwischen Oerlinghausen und Villers-lès-Nancy bestehen schon seit 25 Jahren.
Es sei bewegend gewesen, wie er als junger Student in Bonn eine Rede von de Gaulle miterlebt habe, berichtete Brok. Außerordentlich berührend sei auch die gemeinsame Sitzung von allen Mitgliedern der französischen Nationalversammlung und des Bundestages gewesen. Unterschiedliche Positionen werde es immer geben, doch man könne gelassen bleiben. Viel wichtiger sei die allmähliche Annäherung und dass der Machtanspruch der Nationalstaaten überwunden wurde. ?Die vergangenen 50 Jahre waren eine Phase von Frieden, Freiheit und Wohlstand?, sagte Brok. ?Das haben wir in unserer Geschichte noch nie so gehabt.?
Mit den Worten ?Sie haben einem überzeugten Europäer aus der Seele gesprochen? dankte der Bundestagsabgeordnete Dirk Becker seinem Kollegen. Der Beigeordnete Hans-Jörg Düning-Gast und Klaus Drücker, Vorstand der Sparkasse Lemgo, hatten ihn gebeten, im Anschluss daran einen Ausblick zu wagen. Sein Fazit: Deutschland und Frankreich trügen gemeinsam eine Verantwortung. ?Fortschritte gibt es in der Europäischen Union immer dann, wenn sie voran gehen?, stellte Becker fest.
Er wünsche sich daher eine noch bessere Verzahnung in wirtschafts- und steuerpolitischen Fragen. So wurde schon als erstes gemeinsames Gesetzgebungsverfahren eine Finanztransaktionssteuer auf den Weg gebracht. Man dürfe auch die soziale Sicherheit nicht aus dem Blick lassen. Menschen dürften nicht in Angst leben. Aus diesem Grund definierte Becker als nächstes wichtiges Ziel die Sozialunion.
?Europa bedeutet mehr Diskussionsfreude?, sagte der Bundestagsabgeordnete. ?Die Diskussion wird eher bunter und vielfältiger.? Man müsse ich mehr trauen und nicht nur in Krisenzeiten zusammenstehen. ?Europa verdient mehr Begeisterung, mehr Leidenschaft und Freude?, meinte Becker. (red)

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eingetragen: 19.02.2013 - 10:03 Uhr