Oerlinghausen

Unter das Eis gewagt...
Das kalte Wetter führte uns am vergangenen Wochenende zu einem schönen Taucherlebnis.

Fische gucken? Möglichst tief runter? Für Eistaucher zählt vor allem eines: Der Blick nach oben, der ganz neue Aussichten offenbart. Schwärmen von der Zauberwelt unter dem Eis - den Rückweg sichert ein Seil.
Mit dem Gedanken, gleich unter einer geschlossenen Eisdecke zu tauchen, muss man sich erst einmal anfreunden. "Ähnlich wie bei Tauchgängen in Höhlen oder Wracks müssen sich viele erst mal damit klar kommen, nicht jederzeit auftauchen zu können. Aber das regelt sich meist nach dem ersten Tauchgang von alleine ? und spätestens danach sind sie süchtig nach den Ausblicken."
Unter denvielen Seen in der Umgebung wurde der Tuttenbrocksee nahe Beckum für einen Eistauchkurs ausgewählt. Der See ist allen Teilnehmern bekannt, und auf dem Untergrund gibt es nur selten Wurzeln oder Äste, an denen sich die Sicherungsleine verfangen könnte! ?Planung und Vorausschauen ist gerade beim Eistauchen sehr wichtig!?, sagt Tauchlehrer Thomas Jurkschat. Die Sichtweiten im Tuttenbrocksee sind im Winter deutlich größer und betragen derzeit 8-10 m. Das Unterwasserlandschaft sieht bei Eisbedeckung gigantisch aus! Ebenso wie die Landschaft, die den See umgibt. Der Winterzauber hatte auch gleich bei der Anreise eine Überraschung parat. Schneewehen blockierten die Zufahrt zum See, so dass die gesamte Ausrüstung ca. 500 m zum See getragen bzw. mit dem Schlitten gezogen werden musste. Vor dem Tauchen gab es eine umfassende theoretische Einführung in das neue taucherische Spezialgebiet,denn ohne Vorkenntnisse oder eine spezielle Schulung sollte sich niemand unter das Eis wagen! Bizarre Welt aus Eis
"Ich hatte tolle Bilder vom Eistauchen gesehen und wollte das nun selbst ausprobieren", erzählt Anke Heiden, die am Eistauch-Spezialkurs teilnimmt. "Gerade jetzt bin ich mir jedoch nicht mehr so sicher, ob dies eine meiner besten Ideen war." Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihr aber nicht. Zelt aufbauen, Heizstrahler installieren und viele weitere Vorbereitungen müssen getroffen werden. Jurkschat steht auf dem Eis und sägt ein dreieckiges Loch. Dreieckig ? damit man sich beim Ausstieg besser abstützen kann.
Kurz darauf geht es los - hinunter in eine Welt, die mit jener über dem Eis fast nichts gemeinsam hat. Anke und Michael Heiden steigen zuerst hinab, selbstverständlich durch eine Leine gesichert. Sollten die Taucher die Orientierung verlieren, zeigt die Leine den Weg zum Ausstieg. Auch die Kommunikation zum Leinenführer ist so möglich. Über Zugzeichen wird das Wohlbefinden in kurzen Zeitabschnitten abgefragt. Sollte mal etwas nicht stimmen, kann das Tauchteam am Seil zurück gezogen werden. Funktioniert dies nicht, steigt sofort das bereitstehende Sicherungstaucherteam in Wasser. Doch nach 25 min. sind beide unversehrt und freudestrahlend zurück am Einstiegsloch. ?Einfach atemberaubend!?, sagt Anke.
Beim Eistauchen kommt es nicht auf Tiefe oder Strecke an. Es ist der Blick nach oben, der zählt. Die ausgeatmete Atemluft steigt nach oben unter die Eisschicht und bewegt sich dort wie flüssiges Quecksilber. Falk Schleicher versucht mit seinem Messer von unten ein Loch in das 15 cm dicke Eis zu bohren ? vergeblich (s. Foto). Nach einer halben Stunde ist das Vergnügen beendet. Auch wenn die Trockentauchanzüge die Taucher warm halten,die Lippen sind der beißenden Kälte von 2°C Wassertemperatur schutzlos ausgeliefert.
Auf den Spuren des Weltrekordlers und Freitauchlehrers Redl
Nachdem sich die Taucher nach ihrem ersten Tauchgang aufgewärmt haben, steigt auch Ines Jurkschat ins eiskalte Wasser. Jedoch möchte sie ohne Tauchgerät die Eiswelt erkunden. Ines möchte Freitauchen ? sich mit nur einem Atemzug unter dem Eis mit Flossen bewegen. Damit probiert sie das aus, was Christian Redl zu immer neuen Weltrekorden führt (wir berichteten). Natürlich ist auch sie mit einem Seil gesichert. So tastet sich Ines immer weiter unter das Eis. Die psychische Anspannung, mit nur einem Atemzug abzutauchen und nur im Bereich des Einstieglochs auftauchen zu können ist hoch. Nach fast 30 Minuten und zahlreichen Ausflügen unter das Eis, kommt Ines zufrieden und eine Erfahrung reicher aus dem Wasser. ()

Foto 1: Falk Schleicher unter dem Eis

Foto 2: Michael Heiden (rechts) und Anke Heiden freudestrahlend nach dem Tauchgang

Foto 3: Ines Jurkschat kurz vor dem ?Freitauchen unter Eis?



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eingetragen: 21.01.2010 - 08:56 Uhr