Politik

FDP-Bundestagsabgeordnete: Bürgerrechte haben Vorrang
Liberaler Kreisvorstand traf sich in Währentrup

Oerlinghausen-Währentrup. Gespeicherte Telefonverbindungen, Pässe mit biometrischen Daten, verschärfte Gesetze ? ?Die Bundesregierung verspricht mehr Sicherheit, aber lassen Sie sich nicht täuschen?, warnte die Bundestagsabgeordnete Gisela Piltz. Die Sprecherin der FDP-Fraktion für Innenpolitik und praktizierende Anwältin wandte sich in Oerlinghausen-Währentrup bei einer Veranstaltung des FDP-Kreisverbandes vehement gegen eine schleichende Aushöhlung der persönlichen Freiheitsrechte.
?Haben Sie etwas zu verbergen??, lautete das provokant formulierte Thema des Abends, zu dem die FDP in das Hotel Mügge in Währentrup eingeladen hatte, meine Standardantwort darauf lautet: Haben Sie denn noch Gardinen??, meinte Gisela Piltz, die auch stellvertretende Landesvorsitzende ihrer Partei in Nordrhein-Westfalen ist. Selbstverständlich existiere eine Bedrohungslage durch Terroristen, stellte sie fest. Doch es dürfe nicht eine ganze Nation unter Generalverdacht gestellt werden. ?Das ist weder verhältnismäßig noch angemessen ? zwei wesentliche Grundsätze unserer Rechtsordnung?, sagte die Juristin. In den zurückliegenden Jahren seien im Bund und in den Ländern 150 Gesetze wegen der Terrorgefahr verschärft worden. ?Doch niemand kann sagen, ob sie auch sinnvoll waren?, so Piltz, ?im übrigen weiß niemand in der Bundesregierung, wie Terrorismus eigentlich definiert ist?.
Unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung würden völlig andere Ziele verfolgt, meinte die Referentin. ?Innenminister Wolfgang Schäuble versucht diesen Staat umzubauen?. Er verfolge die Idee, ein ?deutsches FBI? aufzubauen. Diese Zentralisierung von Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz sehe sie mit großen Sorgen, meinte Gisela Piltz. Denn das föderale System habe sich ? trotz seiner Schwächen ? als stabil und wirkungsvoll erwiesen.
Auch werde das Versprechen von mehr Sicherheit nicht eingehalten. ?In den vergangenen sechs Jahren wurden bundesweit 10.000 Polizistenstellen abgebaut?, berichtete die Abgeordnete, allein in Nordrhein-Westfalen gebe es einen Zuwachs. Außerdem erhalte das BKA jedes Jahr weniger Geld als bisher. Schon jetzt seien gar nicht so viele Beamte vorhanden, um sämtliche gespeicherten Daten auswerten zu können. Aber genau dies sei erforderlich, um vor Gericht Beweise vorlegen zu können. ?Deshalb mangelt es nicht an Gesetzen, wir haben vielmehr ein Vollzugsdefizit?, sagte Piltz weiter. Es fehle an Geld, Personal und an moderner Technik. Weil zum Beispiel bei der Polizei immer noch kein Digitalfunk eingeführt sei, würden schon viele Beamte bei wichtigen Gesprächen ihre privaten Handys einsetzen.
Die seit dem 1. Januar geltende Pflicht, sämtliche Verbindungsdaten von Telefonaten, SMS und E-Mail zu speichern, gehe über die EU-Vorgaben weit hinaus, meinte die Bundestagsabgeordnete. ?Eigentlich müssen für eine Datenspeicherung auf Vorrat gute Gründe vorliegen ? hier geschieht es ohne guten Grund und ohne Anlass?. Auch bei privaten Unternehmen werde eine Vielzahl von persönlichen Daten gespeichert. Oft würden es die Bürger nicht einmal merken. ?Den gläsernen Menschen haben wir noch nicht, aber wir stehen kurz davor?, so die Abgeordnete. Die Praxis der Behörden, private Computer auszuspähen, empfindet sie als Rechtsbruch. ?Man kann den Rechtsstaat doch nicht schützen, indem man ihn abschafft?, meinte sie. Die FDP setze sich daher für ein höheres Strafmaß bei Datenmissbrauch sowie ein neues, der aktuellen Technik angepasstes Datenschutzgesetz ein. (red)

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eingetragen: 15.01.2008 - 10:18 Uhr